Abgebrannt by Carl Hanser Verlag

Abgebrannt by Carl Hanser Verlag

Autor:Carl Hanser Verlag
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2011-09-15T00:00:00+00:00


Kanonenboote und die Pleitenfeuerwehr vom Dienst

Staatspleiten gibt es, seit es Staaten gibt, und wo ein Staat pleitegeht, gibt es frustrierte Gläubiger, die ihr Geld zurückhaben möchten. In der Auswahl der Methoden war man da nicht immer zimperlich: Als die Republik Mexiko 1862 ihre Auslandsschulden nicht bezahlen wollte, rückten französische, spanische und englische Flottenverbände nach Mexiko vor. Ägypten und dem Osmanischen Reich erging es nicht besser: Kairo wurde gezwungen, sich einer Schuldenverwaltung unter internationaler Kontrolle zu unterstellen, die von Europäern geleitet wurde; Ägypten verlor seine Finanzhoheit. Als sich gegen diese Maßnahme Widerstand formierte, marschierten britische Truppen ein und besetzten Ägypten. Ebenfalls wenig zimperlich waren die Vereinigten Staaten, die 1905 und 1916 in der Dominikanischen Republik und 1912 in Nicaragua Truppen landeten, um ihre Ansprüche zu sichern.

Die Zeiten der Kanonenbootpolitik sind heutzutage vorbei, man greift zu zivileren Mitteln, die allerdings von Kritikern als nicht weniger martialisch gebrandmarkt werden – heutzutage holt man die Weltfeuerwehr, die ihren Hauptsitz in Washington hat. Dort liegt nämlich das Hauptquartier des Fonds, wie er genannt wird. Eigentlich sind es zwei Hauptquartiere, denn der Sitz des Internationalen Währungsfonds in Washington besteht aus zwei Gebäuden – schmucklose Steinklötze mit einem Flaggenmeer am Eingang: Nummer eins steht 700 19. Straße, Gebäude Nummer zwei an 1900 Pennsylvania Avenue, nicht weit vom Weißen Haus entfernt. Hinter den spröden Fassaden aus Stein und Glas versteckt sich eine der umstrittensten und einflussreichsten internationalen Organisationen der Welt. Rund 2.400 Menschen aus 146 Nationen arbeiten für den Fonds, 187 Staaten sind Mitglied. Der Internationale Währungsfonds, gegründet im Juli 1944 im Örtchen Bretton Woods im Bundesstaat New Hampshire, ist so etwas wie die Weltfinanzfeuerwehr: Wo immer ein Staat in finanzielle Schwierigkeiten gerät, Schulden nicht mehr bedient oder zurückgezahlt werden, ganze Volkswirtschaften vor dem Zusammenbruch stehen, erscheinen die Weltfinanzfeuerwehrbrigaden des Währungsfonds, um den Brand zu löschen.

Gelöscht wird dabei mit den üblichen Mitteln – Zuckerbrot und Peitsche. Das Zuckerbrot, das sind die Kredite, welche der Fonds an die strauchelnden Staaten ausgeben kann, die Peitsche, das sind die Auflagen, die mit diesen Krediten einhergehen. Sie sind es, die den Fonds zum Hassobjekt der Globalisierungskritiker machen, vom „Diktat des Währungsfonds“ ist dann die Rede, von einer erpresserischen Politik der Banken, Konzerne und Politiker, die das betreffende Land zerstöre. Diese Auflagen sind es, die Demonstranten auf die Straßen treiben, Straßensperren, Sternmärsche, Kundgebungen und Generalstreiks nach sich ziehen.

Umso überraschender ist es, wenn man Stellungnahmen des Fonds zu seiner Kreditpolitik liest: Entgegen der weitverbreiteten Auffassung habe man nicht das Recht, die nationale Wirtschaftspolitik seiner Mitglieder zu beeinflussen. Man könne ein Land nicht zwingen, mehr Geld für Schulen und Krankenhäuser und weniger für den Kauf von Militärflugzeugen oder für den Bau imposanter Präsidentenpaläste auszugeben. Der Fonds könne Mitgliedsländer nur dazu drängen, beispielsweise unproduktive Militärausgaben zu reduzieren – leider würden die Mitgliedsländer diesen Rat oft ignorieren. „Die Ausübung von Zwang auf ein Mitglied, eine bestimmte Währungspolitik zu verfolgen, kommt nicht infrage“, heißt es beim Fonds. Wie passt das zu den Sternmärschen, Generalstreiks und Massendemonstrationen?

Um das zu verstehen, muss man wissen, wie die Weltfinanzfeuerwehr funktioniert. Da wären



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